Homocystein: Eine toxische Aminosäure – Auswirkungen und Therapie (Teil 2)

Methoden für die Bestimmung des Homocystein-Spiegels

Für die Bestimmung von Homocystein stehen heute unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Weit verbreitet sind Methoden, die auf der High-pressure liquid chromatography (Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie) basieren, kurz HPLC genannt, und immunologische Methoden. Die neueste Methode ist die Flüssigkeits-Chromatographie-Elektrospray-Tandem-Massenspektrometrie, die Kurzbezeichnung lautet LC-MS-MS.

Mit welcher Methode ein Labor arbeitet, ist letztendlich eine Frage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, der Auslastung. Die LC-MS-MS-Methode erfordert so hohe Investitionen in die Ausstattung, dass sie sich nur große Labore leisten können wie etwa das Institut Bioscientia in Ingelheim. Dieses Unternehmen gehört zu den Top Five in der deutschen Laborszene. Das LC-MS-MS-Verfahren gilt als sehr gut, zeichnet sich durch hohe Spezifität und Sensitivität sowie durch eine gute analytische Präzision aus. Mit dieser Anlage können bis zu 200 Röhrchen täglich abgearbeitet werden. Auch das HPLC-Verfahren ist aufwändig in der Anschaffung: Für ein kleines Labor mit vielleicht 20 Proben täglich rechnet sich das nicht, deshalb arbeiten die Kleinen meist mit Immunverfahren.

Den Goldstandard, also die eine einzige beste Methode, gibt es noch nicht. Am besten messen den Homocysteinwert diese drei Methoden:

  • LC-MS-MS
  • HPLC
  • Immuno-Assays (das sind immunologische Verfahren).

Mögen die Messungen noch so akkurat sein: Die Abweichungen zwischen den Methoden sind ein Problem. Deshalb ist eine internationale Standardisierung gefordert, dann könnten die Qualität der Methoden und die Abweichungen zwischen ihnen besser miteinander verglichen werden.

Bei erhöhtem Homocystein-Spiegel mit zweiter Untersuchung sichergehen

Bei einem Homocystein-Spiegel im moderat erhöhten Bereich kann nach vier bis sechs Wochen eine Bestätigungsuntersuchung erfolgen. Prinzipiell ist die persönliche Spannbreite (intraindividuelle Variabilität) des Homocystein-Wertes beim Menschen sehr gering. Bei Gesunden zeigen Wiederholungsmessungen nach sechs bis 18 Monaten eine sehr gute Übereinstimmung mit den Ausgangswerten – mit einer individuellen Abweichung, die nicht auffällig ist. Die persönliche Note eben.

Trotzdem machen Wiederholungsmessungen einen Sinn, weil sie die diagnostische Aussage verbessern. Bei einem einmaligen Test wird das tatsächliche Risiko um etwa 10 bis 15 % unterschätzt.

Homocystein-Werte deuten

Welche Homocystein-Werte im Blut sind gesund, und welcher Gehalt weist auf welches Gesundheitsrisiko hin? Über die letzten 20 Jahre konnte man einen Trend beobachten, der Folgendes besagt: Je niedriger der Hcy-Wert, umso besser für die Gesundheit. Erst zwischen 6 und 8 ist der Hcy-Wert gesund und sicher. Noch niedrigere Hcy-Werte sind völlig unbedenklich und weisen auf eine gute Methylierung hin.

Die Konzentration der Homocystein-Werte im Blutplasma sollte im nüchternen Zustand generell nicht über 12 µmol/l liegen. Höhere Konzentrationen kommen jedoch häufig in der Bevölkerung vor (ca. 20% bei jüngeren und 50% bei älteren Personen) und bei seltenen Erbkrankheiten (z.B. Mutationen der CBS) können sogar Homocystein-Konzentrationen von über 70 µmol/l auftreten.

Bei Homocystein-Konzentrationen über 16 µmol/l sollten immer die Ursachen ermittelt und behandelt werden. Die häufigsten möglichen Ursachen für nicht erbliche Hyperhomocysteinämie sind Folat- oder Vitamin B12-Mangel sowie Störungen der Funktion von Niere oder Leber. Homocystein-Konzentrationen zwischen 12 und 16 µmol/l sind in der Regel auf eine leicht erniedrigte B-Vitaminspiegel zurück zu führen.

Folatmangel ist in der Bevölkerung weit verbreitet und kann zu Hyperhomocysteinämie führen (Plasma-Homocystein von 30-100 µmol/l).

Vitamin B12-Mangel, ohne damit einhergehendem Folatmangel, ist nicht ganz so schädlich und hat in der Regel erhöhte Homocystein-Werte von bis zu 50 µmol/l zur Folge.
Vitamin B6-Mangel hat einen noch geringeren Einfluss auf den Homocystein-Spiegel als Vitamin B12-Mangel. In vielen Fällen führt ein Vitamin B6-Mangel zu keiner Homocystein-Erhöhung oder nur zu einer geringen Erhöhung des Homocysteins im nüchternen Zustand.

Das eingenommene Methionin (vorhanden in Fleisch, Fisch, und Käse) wird durch die Vitamin B6-abhängige Reaktion abgebaut. Als Labormarker gilt die Höhe des Homocystein-Spiegels nach Methionin-Gabe als Test für mögliche genetische Defekte der CBS (Eiweiß, das Homocystein abbaut). Auch ein Vitamin B6-Mangel verursacht eine Homocystein-Erhöhung nach einer Methionin-reichen Diät.

Hcy-Wert unter 6 – “zu niedrig” gibt es bei Homocystein nicht

Zu niedrige Blutwerte an Homocystein haben keinen Krankheitswert und sind ohne klinische Bedeutung.

Hcy-Wert unter 8 – optimaler Wert

Hier lebt man in der besten gesundheitlichen Zone zusammen mit 10% der europäischen Bevölkerung. Der Homocysteinwert ist optimal und somit wahrscheinlich auch viele andere Blutwerte, die für gute Gesundheit sprechen.

Hcy-Wert über 9 – unterdurchschnittliches Risiko

Besser als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das Risiko für vermeidbare Krankheiten ist trotzdem nicht ganz verschwunden. Für eine optimale Gesundheitsprophylaxe kann man noch einen Schritt weiter gehen. 35 % der europäischen Bevölkerung lebt mit diesem Wert.

Hcy-Wert über 12 – durchschnittliches Risiko

Diese Kategorie hat eine durchschnittlich anfällige Gesundheit mit einem moderaten Risiko, eine der Zivilisationskrankheiten zu entwickeln. Man könnte viele kleinere, aber auch größere Leiden vermeiden, wenn man diesen Wert um einige Punkte senkt. 20 % der europäischen Bevölkerung lebt in dieser Kategorie.

Hcy-Wert über 15 – Risiko leicht erhöht

Diese Werte liegen über dem Durchschnitt. Das Risiko ist erhöht, an einer vermeidbaren Erkrankung zu sterben. Die Gesundheit leidet schon jetzt, auch wenn sich noch keine Krankheitsbilder entwickelt haben. 20 % der europäischen Bevölkerung gehört zu dieser Kategorie.

Hcy-Wert über 18 – hohes Risiko

Diese Kategorie hat ein hohes Risiko mit 50 %-iger Wahrscheinlichkeit, innerhalb der nächsten 10 bis 30 Jahre einen Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs oder Alzheimer zu entwickeln. 10% der europäischen Bevölkerung lebt mit diesen sehr hohen Werten.

Hcy-Wert über 20 – höchstes Risiko

Dies sind Höchstwerte mit dem extrem hohen Risiko, von einer der fünf großen Zivilisationskrankheiten heimgesucht zu werden: Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes, Krebs, Demenz. Wenn diese oder andere Erkrankungen wie Depressionen, chronische Entzündungen, Parkinson nicht schon aufgetreten sind, ist es fünf vor zwölf, Maßnahmen zu ergreifen. 5 % der europäischen Bevölkerung lebt in diesem höchsten Risikobereich.

Vitamin B6 gegen Homocystein

Während die Vitamine A, C und E wegen ihrer antioxidativen Wirkung sehr bekannt sind, ist das Wissen über die Bedeutung der B-Vitamine für den Körper oft viel geringer. Die Familie der B-Vitamine besteht aus acht Vitaminen, die in unterschiedlicher Weise auf die Körperfunktionen Einfluss nehmen. Das Vitamin B6 ist dabei vor allem für ein stabiles Nervensystem und eine gut funktionierende körpereigene Immunabwehr zuständig.

Vitamin B6 als „Der Stoffwechselexperte“

Vitamin B6 (Pyridoxin) ist eine wichtige Grundlage für zahlreiche lebensnotwendige Stoffwechselprozesse im menschlichen Körper. Es hilft beim Aufbau des Nervensystems, unterstützt den reibungslosen Ablauf seiner Funktionen und wirkt auch bei hormonellen Abläufen im Körper mit, weswegen Vitamin B6 beispielsweise häufig von Frauen eingenommen wird, die am prämenstruellen Syndrom leiden. Auch im Blutkreislauf spielt Pyridoxin eine wichtige Rolle: Es wirkt nicht nur entscheidend an der Bildung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin mit, sondern ist auch ein wirkungsvoller Helfer, wenn es darum geht, die Blutgefäße vor Arteriosklerose mit all ihren negativen Folgen auf das Herz-Kreislauf-System zu bewahren. Darüber hinaus hilft Vitamin B6 mit, aus Kohlenhydraten Energie für den Körper zu gewinnen und ist zudem auch an den Abläufen des Fettstoffwechsels beteiligt. Legt man dann noch die positive Wirkung von Pyridoxin auf das Immunsystem, insbesondere bei Allergien, in die Waagschale, wird klar, dass es sich bei Vitamin B6 um einen echten Alleskönner im menschlichen Körper handelt. Insgesamt sind inzwischen über hundert enzymatische Reaktionen mit Vitamin B6 als Co-Enzym bekannt, darunter so wichtige wie die Synthese von Adrenalin, Noradrenalin, Niacin, Tyramin, Kollagen, Dopamin und 5-HTP (5-Hydroxytryptamin).

Individueller Tagesbedarf

Bei erwachsenen Personen liegt der ausreichende Tagesbedarf von Vitamin B6 bei etwa 1,2 (Frauen) beziehungsweise 1,5 (Männer) Milligramm. Um den erhöhten Bedarf in Schwangerschaft und Stillzeit zu decken, werden den Frauen in diesen Lebensphasen 1,9 Milligramm empfohlen. Die empfohlene Tagesdosis für Kinder hängt vom jeweiligen Alter ab und steigert sich von 0,1 Milligramm für Säuglinge auf 1,4 Milligramm für Jugendliche unter 15 Jahren.

Vitamin B6 in Lebensmitteln

Vitamin B6 ist in einer Vielzahl von Lebensmitteln enthalten. Gute Vitamin B6-Lieferanten sind zum Beispiel Lachs, Bananen, Avocado und Bohnen.

Wichtig ist es zu wissen, dass das Vitamin B6 durch bestimmte Verarbeitungsvorgänge wie Kochen, Einfrieren oder Sterilisieren von Milch, aber auch durch die Einwirkung von Sonnenlicht zum großen Teil zerstört wird.

Vitamin B6 und Homocystein

Homocystein ist eine Aminosäure, die bei normalen Stoffwechselprozessen entsteht und für den Körper schädliche Eigenschaften aufweist. Neben negativen Einflüssen auf das Herz-Kreislauf-System wird Homocystein auch mit psychischen Erkrankungen, Darmentzündungen und sogar mit einem erhöhten Risiko für die Bildung von Tumoren in Verbindung gebracht. Aufgrund seiner giftigen Wirkung auf den Organismus wird es vom Körper aus Selbstschutz rasch verarbeitet.

Für diesen Mechanismus ist neben Folsäure und Vitamin B12 vor allem auch Vitamin B6 notwendig. Ein Mangel an Pyridoxin sowie den beiden anderen Vitaminen ist eine der Hauptursachen für einen zu hohen Homocysteinspiegel mit allen seinen – unter Umständen sehr gefährlichen – Konsequenzen auf die Gesundheit. Ein guter Grund, auf die Deckung des individuell notwendigen Bedarfs an Vitamin B6 durch eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung mit vitaminschonender Zubereitung zu achten.

Risiken eines Vitamin B6-Mangels

Ein Mangel an Vitamin B6 ist schon seit den vierziger Jahren als eigenständiger Risikofaktor für Gefäßerkrankungen bekannt. Unter dem Soll liegende Vitamin B6-Konzentrationen gelten daher als Risikofaktoren für Arteriosklerose. Dagegen verbindet man mit höchsten Werten für Folsäure und Vitamin B6 das niedrigste Risiko für Gefäßerkrankungen, interessanterweise unabhängig vom Homocysteinwert. Wahrscheinlich gibt es auch noch eigenständige pathogene Mechanismen, die bislang unbekannt sind. Vitamin B6-Mangel gilt seit neuesten Untersuchungen auch als unabhängiger Risikofaktor für venöse Thrombosen.

Ein Mangel an B6 zeigt sich oft zuerst an der Haut oder in Form von Wachstumsstörungen. Aber auch erhöhte Reizbarkeit, Schlafstörungen und Angstzustände können die Folge sein. Gemeinsam mit Folsäure senkt Vitamin B6 den Homocysteinspiegel. Je mehr Eiweiß man isst, umso mehr Vitamin B6 braucht man. Einige Untersuchungen zeigten auf, dass besonders unter älteren Menschen sehr viele eine Vitamin B6-Aufnahme weit unter den empfohlenen Mengen haben. Ein physiologischer Grund ist die im Alter abnehmende körperliche Aktivität und die reduzierte Muskelmasse, in der das meiste Vitamin B6 gespeichert ist. Auch andere Bevölkerungsgruppen sind durch eine Unterversorgung mit Vitamin B6 gefährdet, besonders schwangere Frauen.

Lesen Sie die Fortsetzung: Homocystein:
Eine toxische Aminosäure – Auswirkungen und Therapie (Teil 3)

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