Homocystein: Eine toxische Aminosäure – Auswirkungen und Therapie (Teil 1)
Jeder Mensch hat Homocystein im Blut.
Wie bereits der Name sagt (“homo” heißt auf Griechisch “gleichartig”) ähnelt die Substanz dem Eiweißbaustein Cystein. Das allgegenwärtige Zellgift wird erst seit 1992 erforscht und viele Experten halten es für gefährlicher als Cholesterin. Die meisten Menschen haben noch nie von Homocystein gehört. In lockerer Folge werde ich Ihnen viele Informationen zu diesem Stoff zusammenstellen, der immer mehr in Fokus der Wissenschaft gerückt ist, weil er ganz offenkundig an den meisten sog. Zivilisationskrankheiten beteiligt ist.
Homocystein ist ein wichtiger Indikator für eine Vielzahl von Krankheiten. Inzwischen ist eindeutig erwiesen, dass nicht Cholesterin sondern erhöhte Homocystein-Werte für Herzinfarkt und Schlaganfall verantwortlich sind. Und ganz wichtig: Erhöhte Homocysteinwerte sind immer dann vorhanden, wenn es einen Mangel an bestimmten B-Vitaminen gibt. Doch dazu in der Folge mehr.
Dr. McCully entdeckte das Homocystein
Die Entdeckung der Bedeutung von Homocystein als wichtiger Indikator für eine Vielzahl von Krankheiten verdanken wir Dr. McCully. 1968 erforschte er eine seltene genetische Krankheit, die Hyperhomocysteinurie, auf Deutsch: zu viel Homocystein im Urin. Kindern mit dieser Erkrankung mangelt es an dem Enzym, welches die toxische Substanz Homocystein wieder in eine harmlose Substanz umwandelt. Dadurch haben diese Kinder einen extrem hohen Hcy-Wert bei interessanterweise unauffälligen Cholesterinwerten. Diese Patienten leiden an schwerer Arteriosklerose und sind oft schon in jungen Jahren von einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall betroffen.
Ich möchte deutlich betonen: Obwohl landauf landab immer wieder die Mär von zu hohen Cholesterinwerten als den Auslösern von Herzinfarkt und Schlaganfall gesungen wird: Cholesterin war eben nicht der Auslöser dieser Krankheiten. Diese wichtige Information habe ich in meinen Gesundheitsbrief „Die Cholesterinlüge“ schon einmal verarbeitet. Ich habe den Titel „verlinkt“, damit Sie ihn bei Interesse noch einmal nachlesen können.
Anfangs stießen seine Erkenntnisse nur auf Skepsis. Erst 1992 wurden seine Theorien in einigen groß angelegten Studien mit 14.000 Ärzten als Studienteilnehmer bestätigt: Je höher der Hcy-Wert, umso höher ist der Risikofaktor für die vielen in der Folge noch zu besprechenden Erkrankungen. Statt über Cholesterin nachzudenken und leider nicht nebenwirkungsfreie Statine zur Senkung einzunehmen sollten wir uns über Homocystein informieren.
Was richtet Homocystein im Körper an?
Homocystein in erhöhter Konzentration erhöht die Produktion von sehr aggressiven Sauerstoffradikalen (H202, das ist Wasserstoffperoxid) und vermindert die NO-Bildung. NO (Stickstoffmonoxid) ist eine körpereigene Substanz, die stark gefäßerweiternd wirkt. Die durch Homocystein ausgelösten H202 verletzen oder zerstören die Innenwände der Arterien (die Endothelschicht), wodurch Gerinnungsprozesse mit Anlagerung von Blutplättchen und Fibrin ausgelöst werden. Es lagern sich fetthaltige Substanzen an und es kommt zur Plaquebildung. Diese besteht aus Arterienwandzellen, Monozyten und bestimmten Blutfetten. Der Cholesteringehalt dieser Plaques liegt interessanterweise bei höchstens einem (!) Prozent. Man sieht also keine Auswirkungen bei Bluttests auf Cholesterin.
Die wachsende Plaque verengt dann den Durchlass der Arterien und behindert so den Blutfluss. Es kann auch zu Blutgerinnseln kommen, wenn sich solche Plaquepartikel lösen und dann kleinere Gefäße verstopfen. Im schlimmsten Fall führen Arterienverengung oder Blutgerinnsel zu einem Totalverschluss von Herzkranzgefäßen (Myokardinfarkt), Gehirngefäßen (Apoplektischer Insult) oder auch tiefer Beinvenen (Beinvenenthrombosen). Bei Arteriosklerose werden wegen mangelhafter Durchblutung neben Herz und Gehirn auch andere Organe geschädigt. So werden Erkrankungen wie Morbus Alzheimer, Diabetes, Potenzstörungen und viele andere von erhöhten Homocysteinwerten negativ beeinflusst.
Erhöhte Homocysteinwerte begünstigen viele Erkrankungen
- Arteriosklerose: Bereits durch leicht erhöhte Homocystein-Werte steigt das Risiko von Gefäßschäden um das Drei- bis Vierfache: bei Frauen um 80 Prozent, bei Männern um 60 Prozent.
- Brustkrebs: Frauen in den Wechseljahren, die längere Zeit unter einem Vitamin-B1-Defizit leiden, haben ein erhöhtes Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken.
- Burn-Out: Schon ein minimal erhöhter Homocystein-Spiegel im Blut kann zu chronischer Erschöpfung, psychischen Befindlichkeitsstörungen und Gedächtnisproblemen führen.
- Darmkrebs: Das Risiko, Darmkrebs zu bekommen, ist umso geringer, je höher die Vitamin-B6-Konzentration im Blut ist. Eine Studie des Stockholmer Karolinska-lnstituts ergab, dass es um bis zu 49 Prozent sinken kann.
- Darmentzündung: 80 Prozent aller Patienten, die an Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn erkranken, weisen einen Folsäure-Mangel auf.
- Depression: Zu wenig Folsäure fördert Niedergeschlagenheit und Konzentrationsschwäche. Und bei älteren Frauen verdoppelt ein Vitamin-B12-Mangel sogar das Risiko, an einer Depression zu erkranken.
- Demenz: Bei einem Homocystein-Wert über 14 ist die Gefahr, an Morbus Alzheimer zu erkranken, doppelt so hoch wie bei Normalwerten.
- Diabetes: Menschen mit Zuckerkrankheit reagieren besonders empfindlich auf erhöhte Homocystein-Werte. Der Überschuss der Aminosäure im Blut schädigt die Nerven, und es kommt zu Durchblutungsstörungen wie dem “diabetischen Fuß”.
- Herzinfarkt: Durch zu viel Homocystein im Blut erhöht sich die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden, um bis zu 70 Prozent. Frauen, die viel Folsäure und Vitamin B6 zu sich nehmen, können ihr Infarktrisiko jedoch um die Hälfte senken. .
- Osteoporose: Eine Bostoner Studie ergab, dass es bei Frauen, die nach der Menopause einen erhöhten Homocystein-Spiegel haben, öfter zu Hüftgelenksfrakturen kommt. Offenbar werden Zellen aktiviert, die zu einem Knochenabbau führen
- Parkinson: Durch das Stoffwechselprodukt Homocystein werden bestimmte Rezeptoren, also Andockstellen im Gehirn, unwiderbringlich geschädigt. Das begünstigt Parkinson.
- Schlafstörungen: Der Stoffwechsel der Nervenbotenstoffe im Gelzim wird durch zu viel Homocystein im Körper gestört. Betroffen ist vor allem der Neurotransmitter Serotonin. Die Folgen können schlechte Laune und Schlafstörungen sein.
- Schlaganfall: Erhöhte Homocystein-Werte sind ein deutlicher Hinweis auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Dieses kann man um 82 Prozent senken, wenn man den Homocystein-Spiegel auf Normalmaß bringt.
- Schwangerschaftsprobleme: Zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen bei Babys zählen Defekte des Neuralrohrs wie Spina bifida. Schwangere, die täglich rund 400 Mikrogramm Folsäure einnehmen, mindern das Risiko um 50 bis 70 Prozent.
- Thrombose: Jede fünfte Patientin mit Venenthrombose hat zu viel Homocystein. Es schädigt die Innenschicht der Gefäße und erhöht so die Gefahr von Gefäßverschlüssen.
Homocystein entsteht als Zwischenprodukt
Die schwefelhaltige, toxische Aminosäure wird nicht in den Stoffwechsel unseres Organismus einbezogen. Sie entsteht nur als ein kurzlebiges Zwischenprodukt, und zwar beim Stoffwechsel als Metabolit der Aminosäure Methionin. Diese Methylierung ist einer der fundamentalen Lebensprozesse, bei dem bestimmte Methylgruppen von anderen Molekülen weggenommen oder ihnen hinzugefügt werden. Dieser lebenswichtige und komplexe Stoffwechselprozess findet jede Sekunde milliardenfach in fast all unseren Zellen statt. Dabei zerlegt der Körper Stoffe, die er nicht mehr benötigt, und bildet dafür andere, die er braucht. Zirkuliert das giftige Stoffwechselprodukt Homocystein erst mal im Blut, versucht der Organismus, es möglichst schnell in das harmlose Methionin zurück zu verwandeln. Mit Hilfe einer anderen Methylgruppe entsteht nach der Zurückwandlung in Methionin in weiteren Schritten dann entweder S-Adenosyl-Methionin, kurz SAM genannt, oder über die Zwischensubstanz Cystein mit Hilfe eines weiteren Enzyms der bedeutende Radikalenfänger Glutathion. Beides, SAM und Gluthation, sind lebenswichtige und heilende Substanzen. SAM wirkt gegen Depressionen, Arthritis und schützt die Leber, während Gluthation eine starke Entgiftungssubstanz und ein wichtiges Antioxidans ist.
B-Vitamine und Folsäure machen Homocystein unschädlich
Für diese Stoffwechselvorgänge der Methylierung braucht der Organismus drei Substanzen als Coenzyme: B12, B6 und Folsäure (auch Vitamin B9 genannt). Diese beschleunigen biochemische Reaktionen. Wenn sie jedoch nicht ausreichend zur Verfügung stehen, kann der Homocystein-Spiegel unbemerkt in den roten Bereich klettern. Ein erhöhter Homocysteinspiegel bedeutet aber nicht nur, dass die toxische Wirkung des Homocysteins auf die Gefäße ansteigt, sondern auch immer, dass die heilenden und schützenden Funktionen von SAM und Glutathion abnehmen.
Eine ausgewogene Ernährung könnte zwar helfen, uns mit wichtigen Mikronährstoffen zu versorgen – allerdings zeigt die bisherige Erfahrung, dass es den Menschen in der Hektik moderner Industriegesellschaften immer schwerer fällt, die nötigen Vitamine auch tatsächlich mit der Nahrung aufzunehmen. Wir essen aus Zeitmangel zu viele Fertiggerichte, zu viel Fast Food und bringen zu wenig Frisches auf den Tisch. Hinzu kommt, dass wir immer älter werden – und es uns mit den Jahren immer schwerer fällt, Vitalstoffe effizient zu verarbeiten.
Die Folge: Der Homocystein-Spiegel steigt alle zehn Jahre um rund zehn Prozent. Das ist alarmierend, denn dauerhaft erhöhte Werte richten großen Schaden an, besonders in den Gefäßen: Das Zellgift zerstört die Wände der Arterien und fördert Blutgerinnsel. Studien zeigen, dass zu viel Homocystein das Sterblichkeitsrisiko um bis zu 33 Prozent erhöht.
Ursachen für einen erhöhten Homocystein-Spiegel
Ein erhöhter Homocystein-Spiegel im Blut hat im Grunde nur zwei mögliche Ursachen. Bei einem Drittel der Menschen, die einen erhöhten Hcy-Wert aufweisen, sind die Gene dafür verantwortlich, während der Rest der hohen Werte – immerhin fast 70 Prozent – durch Mangelversorgung mit den drei schon erwähnten B-Vitaminen verursacht wird.
Genetische Faktoren für einen erhöhten Homocystein-Spiegel
Während die genetisch bedingte Hyperhomocysteinämie selten ist, kommt eine andere genetische Schwäche relativ häufig vor. Hierbei funktioniert ein Enzym mit dem komplizierten Namen Methylen-Tetra-Hydrofolat-Reduktase oder MTHFR nicht optimal und erzeugt auf Grund dieser mangelnden Leistung einen hohen Hcy-Wert. Die Cofaktoren für dieses Enzym sind die Vitamine der B-Gruppe: B12, B6 und Folsäure. Ungefähr 10-15 % der Menschen leben mit dieser Enzymschwäche. Wer sie hat, braucht höhere Mengen dieser drei B-Vitamine als andere Menschen – doch die meisten Betroffenen wissen davon nichts.
Wie kommt es zu einer Mangelversorgung mit diesen Vitaminen?
- Bodenverarmung und neue Züchtungen: Nahrungsmittel beinhalten nur noch 20-30 Prozent der Vitamine und Mineralien wie noch vor einigen Jahrzehnten. Unsere Böden verarmen immer mehr. Die Züchtungen der Lebensmittel gehen eher in Richtung Masse statt Klasse. So sind oft Produkte auf dem Markt, die nur noch einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Nährstoffe enthalten.
- Ernte und Lagerung: Verfrühte Ernte und lange Lagerzeiten von Gemüse und Obst tragen zu einem verminderten Nährstoffgehalt bei. Obst wird fast ausschließlich im unreifen Zustand geerntet, damit ist der Reifungsprozess unterbunden, der auch durch «Nachreifung» – weg vom Baum oder Strauch – nicht mehr nachgeholt werden kann.
- Art der Zubereitung: Viele essentiellen Nährstoffe werden durch Zubereitung in der Küche verändert oder abgetötet. Erhitzt man Vitamine und Enzyme, so gehen sie verloren. Kochen, Backen, Braten, Frittieren oder die Zubereitung in der Mikrowelle zerstören die Vitalkraft eines vormals lebendigen Nahrungsmittels. Nach so einer Behandlung ist der Vitamingehalt auf ein Minimum geschrumpft.
- Fertigprodukte: Fertigprodukten, haltbar gemachten Speisen und Getränken – auch Säften aus dem Reformhaus oder Naturkostladen – sind die Lebensfunken in Form von Enzymen entzogen. Sie würden sonst zu schnell gären. Fast-Food, Fertigsuppen und ähnliches «DesignerFood» stehen in einer Reihe der nährstoffarmen bzw. toten Nahrungsmittel.
- Diäten: Mangelerscheinungen treten auch bei Menschen auf, die aufgrund bestimmter Diäten oder selbst gewählter Ernährungsrichtlinien bestimmte Nahrungsmittel nicht essen. So werden manchmal aus ethischen oder moralischen Gründen oder auch «weil es gesund ist» vegetarische oder vegane (ohne tierische Produkte, also auch ohne Eier und Milch) Lebensweisen gewählt. Dabei kommt es oft zu einem Defizit an langkettigen Omega-3-Fettsäuren, da diese nicht über die Zufuhr von kurzkettigen Omega 3-Fettsäuren aus Pflanzen ersetzt werden können.
Homocystein messen
Hyperhomocysteinämie (Blut-Homocystein Werte von 30-100 µmol/l) ist ein sehr häufig auftretender Risikofaktor sowohl für Gefäß- als auch für neurologische Krankheiten. Daher sollten auch gesunde Menschen bisweilen ihren Homocysteinspiegel im Blut untersuchen lassen. Wenn eine Erkrankung vorliegt, die generell mit Hyperhomocysteinämie in Verbindung gebracht wird, sollte der Homocystein-Spiegel regelmäßig untersucht werden.
Bei Einnahme von B-Vitaminen (B6, B9 und B12) zur Senkung der Homocystein-Blutwerte oder zur Prävention eines Anstiegs des Homocysteins im Blut ist eine jährliche Untersuchung des Homocystein-Spiegels sinnvoll, um zu kontrollieren, ob die Maßnahmen erfolgreich sind.
Wenn eine Hyperhomocysteinämie bei Zufall entdeckt wurde, sollten B-Vitamine supplementiert und der Homocystein-Spiegel nach ca. einem Monat erneut gemessen werden. Ein Homocystein-senkender Effekt ist bereits nach 1-2 Wochen zu erwarten, aber man geht davon aus, dass sich ein stabiler Zustand erst nach etwa 3 Monaten einstellt. Das bedeutet, dass der nach 3 Monaten erreichte Homocystein-Blutwert höchst wahrscheinlich bestehen bleibt, sofern eine regelmäßige Vitaminaufnahme beibehalten wird. Wenn die Vitaminsupplementation abgesetzt wird, kann, je nach Ursache der ursprünglichen Hyperhomocysteinämie, der Homocystein-Spiegel wieder ansteigen.
Wie funktioniert die Blutuntersuchung?
Die moderne Form der Blutuntersuchung benutzt eine Vielzahl von Parametern und Inhaltsstoffen des Blutes. Auch die Naturheilkunde setzt moderne Methoden ein, wie beispielsweise die Dunkelfeldmikroskopie, um verschiedene Krankheitsbilder zu erkennen.
Allen Blutuntersuchungen ist eines gemeinsam: Sie geben in begrenzten Untersuchungsbereichen sehr aufschlussreiche und wertvolle Hinweise auf Mangelzustände von Inhaltstoffen des Blutes. Zugleich geben bestimmte Werte Warnhinweise auf Stoffwechselentgleisungen, da sie nicht oder nur in gewissen Mengen vorkommen dürfen. Letzten Endes geben sie natürlich auch an, wenn dort Stoffe gefunden werden, die im Blut nichts zu suchen haben, wie chemische Substanzen oder Schwermetalle, also giftige, körperfremde Substanzen.
Diese Hinweise auf mögliche Fehlsteuerungen des Körpers müssen vom Arzt oder Heilpraktiker erst einmal interpretiert werden. Dabei spielen Erfahrungswerte eine große Rolle. Im Laufe der Zeit und anhand der gemachten Erfahrungen ändern sich manchmal auch die Grenzen, in denen sich ein Laborwert befinden darf, um noch als unbedenklich zu gelten. Manche Ärzte halten Werte, die sich im Standardausdruck einer Blutuntersuchung im “grünen Bereich” befinden schon für bedenklich. Andere sehen über bestimmte Überschreitungen der unteren oder oberen Grenzmarken hinweg und halten sie für unbedenklich.
Homocystein messen
Selbst wenn Sie gelegentlich hören oder lesen, die Messung des Homocystein-Wertes im Blut sei mittlerweile eine Routinesache, die jeder Hausarzt machen kann: Ganz so einfach funktioniert es leider nicht immer und nicht überall. Denn nicht in jeder Arztpraxis verfügt man über die nötigen Gerätschaften und das Know-how, nicht jedes Labor hat die richtige Ausstattung. Dies gilt speziell für Labore in kleinen Krankenhäusern und in Krankenhäusern der Grundversorgung, in Kreiskrankenhäusern. Und nicht jeder Arzt, sei er nun niedergelassen oder in einer Klinik tätig, ist dem Thema Homocystein gegenüber aufgeschlossen.
Es kann Ihnen durchaus passieren, dass Ihr Arzt Ihnen sagt, er halte schlicht und einfach nichts von dieser Homocystein-Geschichte. Oder er argumentiert, dass für diese Tests keine verbindlichen Standards vorliegen – und so lange dies der Fall sei, wird er Ihr Homocystein vermutlich nicht messen.
Sprechen Sie Ihren Arzt offen auf die Homocystein-Frage an. Sie merken sehr schnell, ob Sie auf eindeutige Ablehnung stoßen, auf ein mildes Lächeln (was ja auch eine Ablehnung ist) oder auf wirkliches Interesse.
Kassenpatienten zahlen den Test selbst
Generell müssen Kassenpatienten den Homocystein-Test selbst bezahlen. Er zählt nicht zu den vorgeschriebenen Leistungen, sondern zu den Individuellen Gesundheitsleistungen, bekannt als IGEL. In der ärztlichen Gebührenordnung ist der teuerste Homocystein-Test mit 38,20 Euro ausgewiesen. Mit dieser Summe müssen Sie rechnen. Bei einem «begründeten Verdacht» können die Kassen die Kosten übernehmen; doch wie der Arzt das innerhalb seines Budgets abrechnet, liegt in seinem Ermessen.
Nüchtern zur Blutabnahme
Zum Homocystein-Messen müssen Sie nüchtern erscheinen. Nach zwölfstündiger Nahrungskarenz – das ist die allgemein gültige Regel der Labordiagnostiker – sind Sie in jedem Fall auf der zuverlässigen Seite. Sagt Ihnen die Sprechstundenhilfe: «Ab Mitternacht nichts mehr essen» und bestellt Sie für sieben Uhr morgens zur Blutabnahme: Halten Sie besser die zwölf Stunden ein. Sie wollen schließlich ein korrektes Ergebnis.
Medikamente verfälschen den Homocystein-Spiegel
Weisen Sie Ihren Arzt ausdrücklich darauf hin, wenn Sie regelmäßig Medikamente nehmen. Sie sollten genau sagen können, wie das Mittel heißt. Zahlreiche Wirkstoffe können das Ergebnis massiv verfälschen. Solche Medikamente sind u. a.:
- Theophyllin
- Lipidsenker wie Fibrate, Niacin, Cholestipol / Colestyramin
- Antifolate wie Methotrexat, Trimethoprim
- Hormone in den Wechseljahren und danach sowie vermutlich die Anti-Baby-Pille
- Antiepileptika, Metformin, Omeprazol, Mesna, L-Dopa, D-Penicillamin, N-Acetylcystein, Cyclosporin A, Sulfasalazin, Isoniazid
- Antiöstrogene
Homocystein bei der Blutuntersuchung ist sensibel
Das Blut wird in Röhrchen abgenommen, denen die Substanz EDTA zugesetzt ist. Danach muss das Blut schnell in die Zentrifuge, wo das Plasma abgetrennt wird. Kann das Blut nicht sofort zentrifugiert werden, muss es auf Eis gelagert werden – maximal eine Stunde bis nach der Abnahme. Denn Homocystein ist empfindlich:
Ohne ein rasches Zentrifugieren und Trennung von den Blutzellen steigt der Wert schnell an. Und zwar bis zu zehn Prozent pro Stunde, je nach Temperatur und Dauer. Und schon kommt es zu falsch erhöhten Ergebnissen.
Problem: Das beschriebene Verfahren ist oft nicht praktikabel. Einfach weil nicht in jeder Praxis eine Zentrifuge steht. Und selbst wenn, ist nicht gesagt, dass das Blut früh genug hineingestellt wird. Das passiert einfach im Alltagsbetrieb. Auch in der normalen Routine einer Klinik geht einiges unter oder läuft mit zeitlicher Verzögerung ab. Verschiedentlich werden Röhrchen eingesetzt, die mit anderen Substanzen als EDTA versetzt sind – um bis zum Zentrifugieren mehr Zeit zu gewinnen. Dann können die Werte jedoch nur sehr eingeschränkt verglichen werden. Nach Expertenmeinung soll deshalb unbedingt an dem vorher beschriebenen Verfahren festgehalten werden.
Serum sollte für die Messung nicht verwendet werden, da Blut zur Serumgewinnung erst nach vollständiger Gerinnung zentrifugiert werden kann. Ohne rasches Zentrifugieren steigt der Wert des Homomcysteins aber schnell an und ergibt falsche Messergebnisse. Zum besseren Verständnis: Blutserum ist der flüssige Teil des Blutes, der nach der Blutgerinnung übrig bleibt. Blutplasma ist der flüssige Anteil des ungerinnbar gemachten Blutes, der nach dem Entfernen der Blutkörperchen (eben durch das Zentrifugieren) verbleibt.