Arzneiverordnungs-Report: Milliardengeschenke für die Pharmakonzerne

Was hat Deutschland mit Malta und Dänemark gemein?

Die Ausgaben für Arzneimittel in Deutschland steigen jedes Jahr und liegen weit über dem europäischen Schnitt. Ein Report kommt zu dem Schluss, dass sich Milliarden sparen lassen.

Was hat Deutschland mit Malta und Dänemark gemein?

Hier können Pharmakonzerne die Preise für Arzneimittel frei festlegen. Wie sich das auswirkt, zeigt der Arzneiverordnungs-Report 2010, der heute in Berlin präsentiert wurde – die Deutschen zahlen wesentlich mehr für Medikamente. Die Verfasser des Reports kommen zum Schluss, dass mehrere Milliarden Euro jährlich eingespart werden könnten, ohne dass die Versorgung der Patienten darunter leide.

Die Arzneimittelausgaben steigen Jahr für Jahr.

2009 lagen sie bei 32,4 Milliarden Euro und damit 4,8 Prozent höher als 2008. Kosten für Impfstoffe wurden dabei nicht berücksichtigt. Die größten Preistreiber sind wenige, sehr teure Präparate: Sie sind dabei für etwa 80 Prozent des Kostenanstiegs verantwortlich. Dazu zählen Blutdrucksenker, Schmerzmittel sowie Medikamente zur Behandlung von Krebs, Diabetes, Asthma und HIV-Infektionen. Seit 1993 seien die Umsätze solcher Patentarzneimittel von 1,6 auf 13,2 Milliarden Euro angestiegen, berichtet Pharmakologe Ulrich Schwabe, einer der Herausgeber des jährlichen Reports, der inzwischen zum 26. Mal erschienen ist.

Medikamente sind in Schweden viel günstiger

Erstmals wurden im Report die Medikamentenpreise in Deutschland mit denen eines anderen Landes verglichen – und zwar mit Schweden. Die Ergebnisse zeigen das Ausmaß des Problems deutlich: Die 50 umsatzstärksten Patentarzneimittel sind hierzulande im Schnitt 48 Prozent teurer. Auch bei den Generika – vergleichsweise günstige Präparate mit Wirkstoffen, die nicht mehr dem Patentschutz unterliegen – kassieren die Pharmakonzerne in Deutschland ab: Die 50 umsatzstärksten Präparate sind sogar 98 Prozent teurer als in Schweden.

Insgesamt beziffert der Report das Einsparpotenzial im Arzneimittelbereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf 9,4 Milliarden Euro. Das sei ein Drittel des derzeitigen GKV-Umsatzes bei Arzneimitteln. Laut Dieter Paffrath, dem Chef der AOK Schlewig-Holstein und Mitherausgeber des Reports, könnten allein knapp 4,1 Milliarden Euro eingespart werden, wenn konsequent preiswerte Generika verordnet und auf teure patentgeschützte Analogpräparate und Arzneimittel mit umstrittener Wirksamkeit verzichtet würde. Preissubventionen von 9,4 Milliarden Euro für die Pharmaindustrie seien “weder ökonomisch noch gesundheitspolitisch vertretbar”, so Schwabe.

Strategisches Interesse der Pharmakonzerne

Dass die Preise in Deutschland so hoch sind, begründet Schwabe auch mit dem strategischen Interesse der Hersteller: Andere Länder regulieren die Medikamentenpreise – und zwar auf der Basis der Kosten in anderen Ländern. Da Deutschland oft als Referenzland dient, kommt sich also ein hoher Preis hierzulande dem Pharmakonzern auch international zugute.

Mit der geplanten Gesundheitsreform der schwarz-gelben Koalition soll sich die Preisfestlegung für neue Medikamente ändern. Nach einer Nutzenbewertung sollen Hersteller und Krankenkassen direkt die Preise aushandeln.

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