Gentechnik-Risiken nicht ausreichend erforscht
Zu den Gesundheitsauswirkungen eines längerfristigen Verzehrs von Gentechnik-Pflanzen gibt es fast keine unabhängigen Untersuchungen. Allerdings gibt es Hinweise auf Risiken: beispielsweise ließen Fütterungsstudien mit gentechnisch verändertem Monsanto-Mais Auswirkungen auf Blutparameter erkennen. Das Gift, das die Pflanzen zur Insektenabwehr selbst produzieren, könnte anderen Untersuchungen zufolge das Immunsystem beeinflussen.
Im Grunde geht es einerseits um die Risiken der Gentechnik an sich und – da die Gentechnik eigentlich nur entwickelt wurde, um Herbizide besser verkaufen zu können – auch um die Risiken, die mit dem Einsatz von Glyphosat verbunden sind. Sie wissen aus der Presse bereits, dass Glyphosat von der WHO als „wahrscheinlich“ krebserregend eingestuft wurde. Die Themenkomplexe sind insofern nicht voneinander zu trennen.
Gentechnik und das Herbizid Glyphosat
Aber auch die Giftigkeit des bei Gentechnik-Pflanzen massiv eingesetzten Herbizids Roundup (Wirkstoff Glyphosat) und der von Bt-Pflanzen selbst produzierten Insektengifte auf menschliche Zellen wird immer wieder diskutiert. 2012 wurde von Wissenschaftlern der Universität Caen in Frankreich eine Studie veröffentlicht, die auf eine Schädigung von menschlichen Zellen durch Bt-Toxine hinweist. Viele Gentechnik-Pflanzen sind immun gegen das Herbizid Glyphosat, das systematisch gespritzt wird.
2015 wurde die Chemikalie von der WHO-Krebsforschungseinrichtung IARC als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.
Ungeachtet dieser alarmierenden Ergebnisse winkt die zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) die Gentechnik-Pflanzen meist durch. Sie wertet allerdings überwiegend solche Studien aus, die von den Gentechnik-Unternehmen selbst kommen. Einige Experten der Behörde haben auch enge Kontakte zur Industrie. Die Arbeit der EFSA wird deshalb häufig kritisiert. Es fehlt an unabhängiger Forschung und an Kompetenz aus der praktischen Landwirtschaft.
Gentechnik in der Landwirtschaft zählt als Risikotechnologie und daraus hervorgehende Pflanzen und Tiere unterliegen daher besonderen Zulassungsverfahren. Sind die Pflanzen jedoch erst einmal freigesetzt, können sie sich unkontrolliert verbreiten. Bei Gentechnik-Pflanzen werden auch die gentechnischen Veränderungen übertragen und lassen sich nicht mehr zurückholen. Das Saatgut kann beim Transport verloren gehen oder über Erntemaschinen verbreitet werden, der Pollen der gentechnisch veränderten Pflanzen kann von Bienen und Wind kilometerweit getragen werden.
Gen-Mais: Neue Hinweise auf Risiken für Verbraucher
Zahlreiche gentechnisch veränderte Pflanzen produzieren sogenannte Bt-Toxine, die Insekten abtöten sollen. Diese Gifte können aber auch menschliche Zellen schädigen. Dies zeigen aktuelle Untersuchungen von französischen Wissenschaftlern der Universität Caen. In ihren Experimenten löste ein Bt-Toxin, das unter anderem in gentechnisch verändertem Mais MON810 produziert wird, deutliche Schäden aus. Die Effekte traten nur bei relativ hohen Konzentrationen auf, trotzdem sind sie bedenklich. Erstmalig wurden derartige Schädigungen menschlicher Zellen beschrieben. Dies widerlegt Behauptungen von Monsanto und anderen Firmen, die gentechnisch veränderten Mais herstellen, wonach das Bt-Gift ausschließlich bei bestimmten Insekten, nicht aber bei Säugetieren und Menschen wirksam sei. Die Untersuchung der Wirkungen von Bt-Giften auf menschliche Zellen werden bislang weder in der EU noch sonst irgendwo auf der Welt für die Risikoprüfung verlangt.
Des Weiteren haben die französischen Wissenschaftler ein Pflanzenschutzmittel, das unter dem Markennahmen Roundup verkauft wird, getestet.. Dieses Mittel wird insbesondere beim Anbau von gentechnisch veränderten Sojabohnen, die gegen dieses Herbizid resistent gemacht wurden, in großen Mengen versprüht. In den Sojapflanzen finden sich entsprechende Rückstände. Das Ergebnis der Untersuchungen: Bereits in äußerst niedrigen Konzentrationen schädigt Roundup (das als Wirkstoff Glyphosat enthält) menschliche Zellen. Damit bestätigen die Wissenschaftler die Ergebnisse anderer Untersuchungen, nach denen die bisherige Risikobewertung des Herbizids nicht ausreichend ist, um gesundheitliche Risiken auszuschließen.
„Diese Ergebnisse haben uns sehr überrascht. Bisher hat man eine Wirkung der Bt-Toxine auf menschliche Zellen grundsätzlich ausgeschlossen. Jetzt muss genauer untersucht werden, was die genauen Ursachen für die beobachteten Schäden sind und ob es Wechselwirkungen mit anderen Giftstoffen in der Nahrungskette gibt“, sagt Gilles-Eric Seralini von der Universität in Caen, der die Untersuchungen geleitet hat. „Diese Untersuchungen zeigen, dass die Risiken von Bt-Toxinen und auch von Roundup unterschätzt wurden.“
Schädigung von menschlichen Zellen durch insektengiftiges Eiweiß
Die meisten kommerziell genutzten gentechnisch veränderten Pflanzen wurden entweder gegen ein Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht oder sie produzieren Bt-Toxine. Vielfach vereinen sie auch beide Eigenschaften in einer Pflanze. Bt-Toxine kommen natürlicherweise nur in Bodenbakterien vor. Durch den Einbau in die Pflanzen werden die Bt-Gifte in ihrer Struktur verändert, dadurch kann sich auch ihr Wirkungsspektrum wandeln. Die Konzentration des Giftes in den Pflanzen unterliegt außerdem großen Schwankungen. Viele gentechnisch veränderte Pflanzen produzieren mehrere Bt-Toxine auf einmal. Zum Beispiel bildet der SmartStax-Mais sechs verschiedene Bt-Toxine aus, wodurch sich die Gesamtkonzentration des Insektengiftes erheblich erhöht.
Zudem ist der Mais auch tolerant gegenüber zwei Unkrautvernichtungsmitteln. Wechselwirkungen der Stoffe untereinander und mögliche gesundheitliche Risiken, die sich daraus ergeben, wurden bisher nicht systematisch untersucht, weil davon ausgegangen wird, dass diese unwahrscheinlich sind. Die Wissenschaftler der Universität Caen zeigen jetzt, dass es durchaus zu Wechselwirkungen kommen kann: Unter den spezifischen Bedingungen in ihren Untersuchungen schwächte das Bt-Toxin die Wirkung von Roundup auf menschliche Zellen ab. Jetzt muss genauer untersucht werden, welchen weiteren Effekte unter anderen Bedingungen auftreten können.
„Diese Ergebnisse sind alarmierend. Die Risikoprüfung von gentechnisch veränderten Pflanzen muss erheblich verschärft werden. Angesichts der großen Lücken in der bisherigen Risikobewertung halten wir eine Vermarktung dieser Pflanzen für rechtlich nicht zulässig“, sagt Christoph Then von Testbiotech. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Arbeit der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA und weist auf Missstände hin.
Die Untersuchung in Frankreich wurde durch die GEKKO-Stiftung unterstützt. Die Organisationen Criigen und Testbiotech waren an der Planung der Experimente und Bewertung der Ergebnisse beteiligt. Die Ergebnisse wurden nach einem Peer-Review-Verfahren veröffentlicht.
Monsanto-Mais schädlich für Wasserflöhe
Der insektengift-produzierende Mais MON810 schädigt Wasserflöhe, die mit den Blättern der Pflanze gefüttert werden. Das berichten Forscher aus Brasilien und Norwegen. Wachstum und Fruchtbarkeit würden negativ beeinflusst. Gentechnik-Mais landet häufig in den Futtertrögen von Mastanlagen.
Die Forscher der Federal University of Santa Catarina, des
norwegischen Genok-Zentrums und der Universität Tromso untersuchten, wie
der Wasserfloh Daphnia magna – ein Modellorganismus der
Risikoeinschätzung – auf Blätter von MON810-Mais reagiert. Laut ihrer
Studie, die nach dem Peer Review im August auf der Website des Journal
of Toxicology and Environmental Health veröffentlicht wurde, zeigten
sich signifikante negative Auswirkungen auf die Tierchen. So hatten die
mit Gentech-Mais gefütterten Wasserflöhe weniger Nachwuchs.
Das
Futter, bestehend aus Maisblättern, hatten die Wissenschaftler zuvor von
MON810-Gentechnikpflanzen und dem konventionellen Gegenstück, einem
nicht-genmodifizierten Hybrid-Mais, geerntet. Gewachsen waren diese
unter gleichen Bedingungen in speziellen Kammern.
Die Wissenschaftler sehen zwei mögliche Erklärungen für die schädigende Wirkung auf Wasserflöhe: entweder liegt es am Insektengift, das die Maispflanzen selbst produzieren, weil ihnen entsprechende DNA des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingebaut wurde. Oder durch den gentechnischen Eingriff ist es ungewollt zu weiteren Veränderungen im Genom der Maispflanzen gekommen. Auch eine Kombination ist denkbar. Die Forscher empfehlen weitere Untersuchungen, um die Wirkung besser zu verstehen.