Feldenkrais

Übungen nach der Feldenkrais-Methode haben nicht den Sinn, Muskeln zu trainieren. Ziel der Bewegungsschule ist es, sich selbst besser wahrzunehmen, eingefahrene Bewegungsmuster zu ändern und sich dadurch körperlich, geistig und seelisch wohler zu fühlen.

Der kleine Unterschied – eine Demonstration vorab

Lehnen Sie sich zurück und verschränken Sie die Arme vor der Brust. Liegt die rechte Hand auf dem linken Arm oder umgekehrt? Nun verschränken Sie die Arme erneut, aber genau anders herum als vorher. Wenn zuerst die rechte Hand auf dem linken Arm lag, muss nun linke Hand auf dem rechten Arm liegen. Wie fühlt sich das an? Um die Bewegung anders herum auszuführen, mussten Sie sich vermutlich einen kurzen Augenblick richtig konzentrieren, und das Ganze fühlt sich irgendwie falsch an.

Der Grund für die Irritiation: Sie haben die Arme schon Hunderte Mal in ihrem Leben verschränkt, immer auf die gleiche Weise, ganz automatisch. Ein Bewegungsmuster, das Sie irgendwann einmal erlernt haben. Was wir einmal eingeübt haben, wiederholen wir gewöhnlich unbewusst. Ob wir sitzen, liegen, stehen oder gehen, bestimmte Haltungen und Bewegungen sind „in Fleisch und Blut übergegangen“ und quasi Teil unserer Persönlichkeit geworden. Genau bei diesen unbewussten Bewegungsmustern setzt die Körperarbeit nach Feldenkrais an.

Das Ziel: Eingefahrene Muster auflösen und sich neu entdecken

Bewegung verstand der Vater der Feldenkrais-Methode, der 1904 geborene Kernphysiker und Judomeister Moshe Feldenkrais als Ausdruck der Persönlichkeit. Allein sein Gang kann einen Menschen unverwechselbar machen und viel über ihn verraten. Wie er geht, wie er sich dabei bewegt, ist dem Betreffenden nicht bewusst. Es geschieht gleichsam reflexartig.

Im Lauf des Lebens stapeln sich viele solche Bewegungsmuster in unserem Körpergedächtnis. Wir fahren Rad, legen uns zum Schlafen hin oder stehen in einer charakteristischen Weise von einem Stuhl auf. Das fein abgestimmte Zusammenspiel von Nervensystem, Muskeln und Skelett hat sich in vielen Jahren automatisiert und läuft ab, ohne dass wir nachdenken müssen. Das Gehirn koordiniert dabei die Spannung der Muskeln, die Stellung der Gelenke und die Informationen, die ihm Augen, Ohren, Tast- und Gleichgewichtssinn liefern. Feldenkrais ging davon aus, dass die meisten Menschen schon als junge Erwachsene in bestimmten Situationen immer die gleichen Bewegungsmuster anwenden.

Die geniale Lernfähigkeit des Körpers hat aber auch ihre Schattenseiten: Der Organismus speichert auch Gestik, Haltungsmuster und Bewegungsabläufe, die dem Körper schaden. Irgendwann machen sich die Folgen bemerkbar: Haltungsfehler, frühzeitige Abnutzungserscheinungen, eingeschränkte Beweglichkeit, Schmerzen.

Diese für den Körper oft schädlichen Gewohnheiten bewusst zu machen und sie allmählich zu verändern, ist das Ziel der Feldenkrais-Übungen. Weil die Bewegungsmuster eng mit der Persönlichkeit eines Menschen zusammenhängen, erweitert jede neu entdeckte Bewegungsmöglichkeit und jedes neu erlernte Verhalten nicht nur den körperlichen Bewegungsspielraum. Starre Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten werden überprüft, ungenutzte Potentiale sollen geweckt werden.

Die Übungen – nicht schwitzen sondern sich spüren

Die Körperarbeit nach Feldenkrais beinhaltet keine sportlichen Übungen. Es gibt nicht viel zu tun, dafür mehr zu spüren. Wichtig ist, sich ohne Kraftaufwand bewusst zu bewegen. Richtig oder falsch gibt es nicht. Die Feldenkrais-Methode wird in zwei Verfahrensweisen angeboten: „Bewusstheit durch Bewegung“ und „Funktionale Integration“:

Bewusstheit durch Bewegung

In einer Gruppe lernen die Schüler nach Anweisungen eines Lehrers einfache Bewegungen und so alltägliche Dinge wie Greifen, Bücken, Sitzen oder Gehen neu zu spüren und sich die Vielzahl der möglichen Varianten einer Bewegung bewusst zu machen. Wichtig ist, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie die Bewegung durchgeführt wird. Der Lehrer leitet dabei an, unterstützt und hilft mit erklärenden Worten oder manchmal sanften Handgriffen.

Funktionale Integration

Hier finden die Übungen im Einzelunterricht weitgehend nonverbal statt. Der Patient ruht auf einer Liege. Der Lehrer berührt, dehnt, dreht und drückt verschiedene Körperteile, ohne Schmerzen oder Stress zu bereiten. Der Patient hat so die Möglichkeit unbewusste Bewegungsfähigkeiten in neuer Weise zu entdecken. Dies Verfahrens hat mehr als die Gruppenübungen „in Bewusstheit durch Bewegung“ therapeutischen Charakter und ist auch für Patienten mit schwereren Gesundheitsproblemen geeignet, wie etwa Unfallopfer, Patienten mit chronischen Schmerzen oder spastischen Lähmungen.

Kurse und Therapien mit den Bezeichnungen Feldenkrais-Methode, Bewusstheit durch Bewegung und Funktionale Integration sind rechtlich geschützt und dürfen nur von Lehrerinnen und Lehrern angeboten werden, die eine vom Berufsverband anerkannte Ausbildung haben.

Anwendungsbereiche – wem hilft die Methode?

Die Bewegungsübungen helfen bei Muskel- und Skelett-Erkrankungen, Schmerzzuständen und Krankheiten des Nervensystems. Sie sind eine Bereicherung für Menschen, deren Bewegungsmöglichkeiten durch Lähmungen oder andere Erkrankungen eingeschränkt sind genauso wie für Menschen, die unter Muskelverspannungen leiden. Aber auch Gesunde, die beweglich bleiben wollen, ihr Repertoire an Bewegungsmöglichkeiten erweitern möchten oder Menschen wie etwa Tänzer, die für ihren Beruf oder ihr Hobby immer wieder neue Bewegungsabläufe erlernen müssen, profitieren davon.

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